Große solarthermische Anlagen auf Gebäuden in Leipzig
Planungshinweise und Betriebserfahrungen

Ein Baustein zum Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesregierung ist die breitere Anwendung der Solartechnik. Der Markt für Thermische Solaranlagen konnte in den letzten Jahren ein erfreuliches Wachstum von ca. 20 % p.a. verzeichnen. Begünstigt durch eine kontinuierliche Förderung funktioniert der Markt im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser recht stabil. Eine "Solarisierung" von Städten wie Leipzig (ca. 85 % der Bevölkerung leben hier in Mehrfamilienhäusern) lässt sich nur durch den verstärkten Einsatz von Solaranlagen im mehrgeschossigen Wohnungsbau erzielen.

Im Vergleich zum Einfamilienhaus (Käufer der Solaranlage ist gleich Nutzer der Sonnenenergie, profitiert also direkt von den Betriebskostensenkungen) ist der Investitionsansatz von Betreibern größerer Solaranlagen häufig komplexer. Zu hohe Investitions- und Wärmekosten führen beim betriebswirtschaftlich kalkulierenden Betreiber zu negativen Investitionsentscheidungen. Die planerische Aufgabe ist also oftmals mit einer Optimierung der Wirtschaftlichkeit, also einer Minimierung des solaren Wärmepreises, verbunden.

Durch die Vielzahl von realisierten Anlagen stehen im Einfamilienhaus auch genügend Erfahrungswerte hinsichtlich Kosten, Funktionsweise und Energieertrag zur Verfügung. Bei solaren Großanlagen bestehen bei Architekten, Bauherren und Investoren häufig große Unsicherheiten hinsichtlich Kosten und tatsächlich erreichbarer Betriebskosteneinsparungen. In diesem Beitrag sollen Planungs- und Betriebserfahrungen mit solaren Großanlagen in Leipzig vorgestellt werden.

1. Vorstellung der ausgewählten Solaranlagen
Anlage Studentenwohnheim Johannes-R.-Becher-Straße APH Martin Andersen Nexö Behindertenwerkstatt Braunstraße Studentenwohnheim Titaniaweg
Bauherr Studentenwerk Städtische Altenpflegeheime / Hochbauamt Arbeiterwohlfahrt Studentenwerk
Planer IB Naumann & Stahr pgt Planungsgesellsch. IB Naumann & Stahr / RPP RPP
Ausführungsbetrieb Ensa AltbauZiegler Espenhain Dr. Bauch GmbHGlauchau Ziegler Espenhain W+W Torgau
Förderung Solarthermie 2000 Solarthermie 2000 Solarthermie 2000; Stadtwerke Land SachsenStadtwerke
Fertigstellung Oktober 1998 Dezember 1998 November 1999 November 2000
Kollektortyp Flachkollektor Flachkollektor Flachkollektor Vakuumröhrenkollektor
Absorberfläche 398,4 m² 294,0 m² 98,4 m² 108,0 m²
Alle über das Forschungsprogramm "Solarthermie 2000" geförderten Anlagen sind mit einer umfangreichen Messtechnik ausgestattet. Dies ermöglicht die messtechnische Begleitung des Anlagenbetriebes, welche im Freistaat Sachsen durch die Projektgruppe Solarthermie 2000 an der Professur Technische Thermodynamik der Technischen Universität Chemnitz durchgeführt wird. Weitergehende Informationen einschl. der Messergebnisse zu allen hier betrachteten Solaranlagen sind im Internet unter www.solarthermie2000.de erhältlich.

Drei der vier Anlagen wurden vom Autor geplant, so dass eigene Erfahrungen aus Planung, Errichtung und Betrieb der Anlagen wiedergegeben werden können. Die Solaranlage im APH Martin Andersen Nexö wurde mit in die Betrachtungen aufgenommen, da sie die größte städtische Anlage ist und eine Vielzahl von Messergebnissen vorliegen.

2. Planungshinweise
Vor dem Start des Forschungsprogramms Solarthermie 2000 im Jahre 1993 lagen kaum verallgemeinerbare Erkenntnisse für Planung und Errichtung von großen Solaranlagen vor. Zum heutigen Zeitpunkt nach Realisierung von bundesweit ca. 50 Anlagen sind relativ umfangreiche Planungshinweise /1/, /2/ veröffentlicht, auf die in diesem Zusammenhang verwiesen wird.

Ein Kostenoptimum bei größeren Solaranlagen wird bei sogenannten "Vorwärmanlagen" erreicht, welche eine solare Deckungsrate (Anteil Solarenergie an der gesamten zur Warmwasserbereitung benötigten Energie) von ca. 25 - 40 % besitzen. Wichtigstes Kriterium bei der Dimensionierung der gesamten Anlage ist der tägliche Warmwasserverbrauch. Dieser sollte bei bestehenden Gebäuden unbedingt gemessen werden. Bei Neubauten ist eine sehr exakte Betrachtung der Verbraucher unter Zuhilfenahme der in Solarthermie 2000 gewonnenen Daten zu empfehlen. Eine Auslegung nach VDI 2067 oder nach Fachbüchern (diese verlangen eine Versorgungssicherheit mit Warmwasser) führt meist zu erheblichen Überdimensionierungen, was in der Praxis zu einer Verringerung der Wirtschaftlichkeit der Solaranlage um bis zum Faktor 3 führen kann. Diese Aufgabenstellung verlangt ein sehr verantwortungsvolles Herangehen des Planers (was der HOAI und damit seinem Honorar widerspricht), des Herstellers oder Vertreters (was seiner Provision widerspricht) bzw. des Installateurs (was seinem Auftragsvolumen und damit seinem Gewinn widerspricht).

Die Einbindung einer Solaranlage in die konventionelle Trinkwarmwasserbereitung unterscheidet sich bei Großanlagen ebenfalls beträchtlich vom Gewohnten Während im Einfamilienhausbereich die Solarenergie üblicherweise im Trinkwasserspeicher gespeichert wird, erfolgt dies bei Großanlagen aus Gründen der Trinkwasserhygiene (DVGW-Richtlinie W 551) in einem nicht mit Trinkwasser gefüllten Pufferspeicher. Die Übergabe der Solarenergie an das Trinkwasser erfolgt über einen Entladewärmetauscher. Weitere wesentlich umfangreichere Informationen sind den schon genannten Literaturquellen zu entnehmen.

3. Darstellung von realisierten Anlagenkosten
Für die ausgewählten Anlagen in Leipzig sollen die tatsächlichen Investitionskosten betrachtet, verglichen und interpretiert werden.

Als Kosten des Solarsystems sind hier die Investitionskosten einschl. Planung und Mehrwertsteuer genannt. Bei der Anlage im APH Martin Andersen Nexö sind hier die veröffentlichten Kosten laut Vergabe aufgeführt, bei den vom Autor betreuten Anlagen konnte auf die tatsächlich abgerechneten Kosten einschl. Nachträge usw. zurückgegriffen werden. Innerhalb des Förderprogramms "Solarthermie 2000" werden alle Solaranlagen mit einer umfangreichen, nicht funktionsnotwendigen Messtechnik (einschl. Datenlogger, Schautafel ...) ausgestattet, welche mit 100 % bezuschusst wurde und extra ausgewiesen wurde. Bei der Solaranlage im Titaniaweg erfolgte eine Ausstattung mit einer stark reduzierten Messtechnik, welche an die DDC angeschlossen wurde und dem Bauherrn die Möglichkeit zur Funktionskontrolle und Ertragsauswertung gibt.
Anlage Studentenwohnheim Johannes-R.-Becher-Straße APH Martin Andersen Nexö Behindertenwerkstatt Braunstraße Studentenwohnheim Titaniaweg
Investitionskosten einschl. Planung DM 550.000 DM 330.456 DM 183.058 DM 188.906
der Solaranlage zuzurechnende Kosten DM 28.000 unbekannt DM 1.000 DM 60.000
Kosten Solarsystem DM 578.000 DM 330.456 DM 184.058 DM 248.906
Kosten Meßtechnik DM 125.000 DM 100.800 DM 73.253 DM 10.000
Gesamtkosten DM 703.000 DM 431.256 DM 257.311 DM 258.906
spezifische Kosten pro m² Absorberfläche 1.451 DM/M² 1.124 DM/m² 1.870 DM/m² 2.204 DM/m²
Die spezifischen Kosten des Solarsystems beinhalten nur die funktionsnotwendigen Kostenanteile, d.h. die zusätzliche Messtechnik wurde nicht mit berücksichtigt. Aus den bei den bisherigen Großanlagen gewonnenen Erfahrungen kann jedem Bauherrn aber empfohlen werden, eine zur Funktions- und Ertragskontrolle notwendige Mindestmesstechnik einzusetzen, welche je nach Randbedingungen und Wünschen des Bauherrn einzukalkulieren ist.

Hinsichtlich einer Vergleich- oder Übertragbarkeit interessieren die spezifischen Kosten pro m² Kollektorfläche, da diese direkt den Wärmepreis und damit die Wirtschaftlichkeit beeinflussen. Im Einfamilienhaus werden heute meist Preise zwischen 2000 und 2500 DM/m² erzielt. Bei Kostenvergleichen mit anderen Veröffentlichungen sollte unbedingt beachtet werden, dass in diesem Beitrag die Gesamtkosten (also einschl. Bauliche Nebenleistungen, Unterkonstruktion, Planung, Mehrwertsteuer ...) betrachtet wurden.

Voraussetzung zur Aufnahme ins Förderprogramm "Solarthermie 2000" ist das Erzielen eines solaren Wärmepreises von weniger als 25 Pf/kWh (ohne Förderung). Diese Vorgabe führt bei nicht optimal geeigne-ten Anlagen zum Teil dazu, dass gewisse Positionen aus der Solaranlage "herausgerechnet" werden. Dies führt wiederum zu sehr guten Ergebnissen, welche nicht immer die volle Wahrheit wiedergeben und nicht verallgemeinerbar sind. In diesem Beitrag sollen auch die Kosten genannt werden, welche bauseits (z.B. Dachabdichtungen, Schlosserarbeiten, Vorbereitungen eines Speicherraumes ...) notwendig waren und außerhalb der Ausschreibungen des Gewerkes Solar liefen. Nur durch Einbeziehung dieser Kosten kann eine "Kostenehrlichkeit" hergestellt werden.

Ein Vergleich der betrachteten Großanlagen zeigt, dass sich die spezifischen Kosten in einem größeren Bereich befinden. Die günstigsten Kosten verursachte die Solaranlage im APH Martin Andersen Nexö. Durch die hier mögliche Indachmontage in einem Satteldach konnte komplett auf eine Unterkonstruktion verzichtet werden. Die Anlage im Studentenwohnheim Johannes-R.-Becher-Straße erforderte bei der doch sehr komplizierten Montage in fast 30 m Höhe eine Unterkonstruktion mit Kosten von ca. 242 DM/m², was den Kostenunterschied zur ersten Anlage fast komplett ausmacht.

Die beiden anderen Anlagen mit Kollektorflächen von ca. 100 m² verursachten etwas höhere spezifische Kosten. Die Kosten einiger Bestandteile (z.B. Regelung) sind weitgehend unabhängig von der Kollektorfläche, gehen aber stärker in die spezifischen Kosten ein. Bei größeren Kollektorfeldern lassen sich am Markt ebenfalls geringfügig höhere Rabatte erzielen, was aber eindeutig nicht Hauptursache für die höheren spezifischen Kosten war. In der Solaranlage Braunstraße muss neben einer vergleichsweise langen Rohrleitung zwischen Kollektor und Speicher auf eine zweifache Ausschreibung mit teilweiser Umplanung hingewiesen werden, welche die Planungskosten erhöhte. Die Solaranlage im Titaniaweg wurde mit Vakuumröhrenkollektoren auf einer Unterkonstruktion realisiert, welche höhere spezifische Kosten als eine Anlage mit Flachkollektoren nach sich zieht.

Verallgemeinernd kann gesagt werden, dass solare Großanlagen mit spezifischen Gesamtkosten von 1100 - 2200 DM/m² realisiert werden können. Voraussetzung für das Erzielen von Preisen im unteren Drittel ist ein sehr gut geeigneter Standort mit optimalen Voraussetzungen zur Montage aller Bestandteile. Nicht unerwähnt bleiben soll, daß eine möglichst offene Ausschreibung ohne Festlegung auf bestimmte Hersteller nicht unwesentlich zum Erzielen von guten Angeboten beiträgt.
4. Energieertrag
Im folgenden soll der Energieertrag der Solaranlagen betrachtet werden. Innerhalb des Förderprogramms Solarthermie 2000 sind alle Bieter verpflichtet, einen jährlichen Solarertrag zu garantieren. Dieser wird (meist unter Beteiligung des Planers oder Kollektorherstellers) bei Verwendung von exakten Vorgaben für Klimadaten, Verbrauchsmengen und -profilen und Anlagenkonfiguration mit einem Simulationsprogramm bestimmt. Die Projektgruppe Solarthermie 2000 an der TU Chemnitz kontrolliert diese Berechnungen, so dass grobe Fehlkalkulationen vermieden werden.

Die Messdatenauswertung erfolgt ebenfalls an der TU Chemnitz. Hier erfolgt eine Überprüfung der gemessenen Daten mit den Vorgaben, so dass der Einfluss von Parametern wie Warmwasserverbrauch oder Solarstrahlung, welche vom Planer und Installateur nicht beeinflusst werden können, herausgerechnet werden kann und die tatsächliche Funktion oder auch das Fehlverhalten überprüft werden kann.
Anlage Studentenwohnheim Johannes-R.-Becher-Straße APH Martin Andersen Nexö Behindertenwerkstatt Braunstraße Studentenwohnheim Titaniaweg
Absorberfläche 398,4 m² 294,0 m² 98,4 m² 108 m²
solarer Energieertrag (garantiert) 201.200 kWh/a 137.460 kWh/a 47.490 kWh/a 68.763 kWh/a(berechnet)
spezifischer Solarertrag (berechnet) 504 kWh/ m²*a 474 kWh/ m²*a 483 kWh/ m²*a 637 kWh/ m²*a
Solare Nutzwärmekosten (berechnet) 0,251 DM /kWh 0,210 DM /kWh 0,338 DM /kWh 0,316 DM /kWh
Solarer Energieertrag (gemessen)
1. Messperiode 246.355 kWh/a 62.962 kWh/a 22.000 kWh/a -
2. Messperiode 268.487 kWh/a 70.851 kWh/a - -
Spezifischer Solarertrag (gemessen)
1. Messperiode 618 kWh/a 214 kWh/a - -
2. Messperiode 674 kWh/a 241 kWh/a - -
Solare Nutzwärmekosten (gemessen)
1. Messperiode 0,205 DM/ kWh 0,458 DM/ kWh - -
2. Messperiode 0,188 DM/ kWh 0,407 DM/ kWh - -
An dieser Stelle werden zunächst die berechneten bzw. garantierten Erträge diskutiert, eine Betrachtung und teilweise Interpretation der gemessenen Erträge erfolgt im darauffolgenden Absatz.

Interessant ist der spezifische Solarertrag pro m² Absorberfläche, welcher Vergleiche zwischen den einzelnen Systemen erlaubt. Der höchste Ertrag wird verständlicherweise von der Anlage im Titaniaweg erwartet, da hier hocheffiziente Vakuumröhrenkollektoren zum Einsatz gekommen sind. Die Unterschiede zwischen den ersten beiden Anlagen dürften sich mit der geringfügig schlechteren Ausrichtung der Anlage (ca. 10 % Abweichung von der Südlage; Dachneigung 47 und 56°) und dem "geringeren Mut" des Installateurs begründen lassen. Der garantierte spezifische Ertrag von 483 kWh/m²*a in der Anlage Braunstraße ist nach Meinung des Autors zu hoch, da die Behindertenwerkstatt nur von Montag - Freitag benutzt wird.

Zur Berechnung der solaren Nutzwärmekosten wurden die Kosten des Solarsystems (also einschl. Planung und Mehrwertsteuer) berücksichtigt. Es wurde mit einem Zinssatz von 6 % und einer Systemlebensdauer von 20 Jahren gerechnet. Diese Kosten geben dem Betreiber eine Vergleichsmöglichkeit zur konventionellen Warmwasserbereitung.

5. Betriebserfahrungen
An dieser Stelle kann nur auf einige wichtige Details hingewiesen werden.

Schwierigkeiten bei der Angebotserstellung und Ausführung:

Größere Thermische Solaranlagen sind für die Mehrzahl der Installationsfirmen Neuland. Sie beinhalten viele Komponenten, welche nicht zum Standard der Branche gehören. Aus Unkenntnis werden häufig Angstzuschläge bei Montageleistungen großer Kollektorfelder eingerechnet. Ein anderes Problem zeigte sich gerade bei den Solaranlagen innerhalb des Programms Solarthermie 2000. Das Einbeziehen branchenfremder Leistungen wie Unterkonstruktion, Dachdichtung oder Messtechnik innerhalb der vorgegebenen Zeitspanne bis zur Abgabe der Angebote stellte für viele interessierte Firmen ein zu hohes Hindernis dar. Hinzu kommt die notwendige Abgabe eines "garantierten" Solarertrages, was für die Mehrzahl der Installationsbetriebe eine "Blankounterschrift" unter eine selber nicht zu bewertende Zahl bedeutet. Hier besteht ein großer Informationsbedarf.

Aus Sicht der Projektsteuerung erfordert die ungewohnte Montagetätigkeit neben einer ausführlichen Detailplanung eine sehr intensive Bauleitungstätigkeit. Die mit der Ausführung beauftragten Installationsfirmen sind bemüht, besitzen aber meist nicht das Detailwissen zum Verständnis aller Anlagenkomponenten. Unbedingt empfehlenswert ist ein mehrwöchiger (mehrmonatiger) Probebetrieb, bei dem die Funktion aller Komponenten kontrolliert wird. Ohne intensive Betreuung und Kontrolle wären die Solaranlagen wohl nie voll funktionsfähig geworden.

Erkenntnisse aus dem Anlagenbetrieb:

Die Betriebserfahrungen sind vielfältig und würden den Rahmen dieser Veranstaltung weit übersteigen. Schon aus dem Vergleich der Messergebnisse zeigen sich große Unterschiede. Wichtig ist die fachlich korrekte Interpretation der Ergebnisse.

Studentenwohnheim Johannes-R.-Becher-Straße

Die offiziellen Messergebnisse sind hervorragend, der prognostizierte Ertrag wurde um ca. 20 % überschritten. Die Anlage ist seit ca. 3 Jahren in Betrieb, Ausfälle sind kaum zu verzeichnen.

An dieser Stelle sollen aufgetretene Probleme nicht verschwiegen werden. Zwischen dem erstmaligen Befüllen der Anlage und dem Beginn der offiziellen Messphase vergingen ca. 5 Monate. Neben typischen Installationsfehlern (zwei in Reihe montierte Wärmeübertrager wurden im Gleichstrom statt im Gegenstrom-prinzip angeschlossen), gab es erhebliche Probleme mit der Inbetriebnahme der Messtechnik (z.T. durch fehlende Professionalität / Kapazität des Ausführungsbetriebes). Das Frostschutzmittel mußte komplett ausgetauscht werden, da es keine Korrosionschutzinhibitoren enthielt. Hinzu kamen unvorhersehbare Ereignisse. Zu Beginn des Jahres 1999 kam es in unregelmäßigen Abständen zu Störungen bei der Regelung. Nach langer Fehlersuche und mehrmaligem Austausch konnte eine auf dem Nachbardach montierte Antenne eines Mobilfunkbetreibers als Ursache erkannt werden. Insgesamt kann gesagt werden, dass die gute Funktion der gesamten Anlage nur durch eine gute Zusammenarbeit von Bauherr, Planer, betreuender Hochschule und Installateur erreicht werden konnte.

Im 1. Jahr der Messdatenerfassung wurde ein spezifischer Ertrag von 618 kWh/m²*a gemessen, im zweiten Jahr wurde dieser Ertrag mit 674 kWh/m²*a mehr als bestätigt. Laut dem von Peuser in /4/ veröffentlichten Leistungsvergleich von 18 vermessenen solaren Großanlagen erbrachte diese Anlage damit das beste Ergebnis hinsichtlich Soll- und Istertrag.

Eine Überschreitung des prognostizierten Ertrages um ca. 20 % sollte auf die Glaubwürdigkeit hinterfragt werden. Es wird eingeschätzt, dass es durch Messungenauigkeiten (es wurde ein Zähler mit 100 l/Impuls eingesetzt) eventuell zu einer geringfügigen "Überhöhung" der Messergebnisse gegenüber dem tatsächlichen Ertrag kommt. Eine Bestätigung dieser Vermutung bedürfte jedoch umfangreicher rein messtechnischer Untersuchungen.

Die detaillierte messtechnische Auswertung von 2 Betriebsjahren dieser Anlage zeigt, dass spezifische Solarerträge von 500 - 600 kWh/m²*a auf jeden Fall erreicht werden können. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass große Solaranlagen nach sorgfältiger Installation und Optimierung aller Parameter im Prinzip wartungsfrei funktionieren.

Ausführlichere Informationen zu dieser Anlage sind aus /3/ zu entnehmen.

Altenpflegeheim Martin Andersen Nexö

Die Messergebnisse sind insgesamt nicht befriedigend. Da die Anlage vom Autor nicht geplant und betreut wird, können an dieser Stelle keine Details genannt werden. Bekannt ist, dass die Kollektorseite gut funktioniert. Vom Planer und Installateur wurde bei dieser Anlage ein patentiertes System zwischen Entladung des Pufferspeichers und Entladewärmetauscher eingesetzt, welches bisher nicht zufriedenstellend funktioniert. Dort wird durch die direkte Nachheizung bereits im Solarpuffer-Entladekreis konventionelle Wärme in den Solarpuffer verschleppt, die Aufnahme von Wärme aus dem Kollektorkreis erschwert /4/.

Bei dieser Anlage zeigt sich der Vorteil der umfangreichen Messtechnik. Die ungenügende Funktion der Anlage konnte nur durch die Messtechnik erfasst werden. Außerdem war es möglich, die schlecht funktionierenden Komponenten klar zu definieren. Zwischen dem Bauherrn, dem Fördergeber, der TU Chemnitz und dem Hersteller finden Gespräche zur Optimierung der Anlage statt.

Behindertenwerkstatt Braunstraße

Auch hier liegen nach dem ersten Betriebsjahr nicht nur positive Ergebnisse vor, wobei die Ursachen nicht vergleichbar sind.

Bei diesem Objekt fällt zuerst der geringere Warmwasserverbrauch im Vergleich zu den Planungsannahmen auf. Der gemessene Warmwasserverbrauch liegt deutlich (ca. 40 %) unter dem angesetzten Verbrauch von 8 m³ an Werktagen. In der Behindertenwerkstatt wird für eine Wäscherei (die Waschmaschinen sind mit Warmwasseranschluss ausgestattet), eine Großküche und die sanitären Einrichtungen warmes Wasser benötigt. Beim Vergleich der bisherigen Verbräuche fällt vor allem auf, dass in der Küche deutlich weniger warmes Wasser verbraucht wird als eingeschätzt. Die Duschen der Mitarbeiter werden ebenfalls kaum genutzt. Auch nach heutigem Kenntnisstand lässt sich der tatsächliche Verbrauch vorab nur schwer exakter ermitteln. Weitere Solaranlagen auf Behindertenwerkstätten mit Auswertung der Verbräuche sind nicht bekannt.

Ein Problem dieser Anlage bestand im mehrwöchigen Ausfall des Datenloggers vom 9.4. - 10.8. 2000. In dieser Zeit funktionierte die Solaranlage zwar vollständig, es konnten aber keine Verbräuche aufgezeichnet werden.

Außerdem kam es zu einem Funktionsausfall der gesamten Anlage durch eine bisher unbekannte Störung. Durch Vögel wurde die Kollektorfühlerleitung zwischen Kollektor und Blitzschutzdose zerstört, was zum Ausfall der Solaranlage führte. Problematisch im Sinne der Solarnutzung war, dass diese Beschädigung Anfang Juli, also zur sonnenreichsten Jahreszeit, statt fand und mehrere Wochen unbemerkt blieb. Das Finden der Fehlerursache, das Beschaffen von Ersatzteilen und die Reparatur dauerte ebenfalls noch einige Wochen, so dass die Solaranlage fast den gesamten Sommer außer Betrieb war.

Durch den Ausfall des Datenloggers konnte kein tatsächlicher Solarertrag gemessen werden. Der in obenstehender Tabelle angegebene Solarertrag von ca. 22.000 kWh bezieht sich auf vom Autor handschriftlich aufgezeichnete Erträge an dem vor Ort befindlichen Wärmemengenmesser.

Durch den Ausfall des Datenloggers von April bis August und dem Ausfall der Solaranlage von Juli bis Oktober konnten für den ganzen Sommer 2000 keine auswertbaren Solarerträge ermittelt werden. Aufgrund der langen Ausfallzeiten erscheint eine weitere Bewertung dieser Solaranlage unseriös.

Von der "Sachbeschädigung durch Vögel" abgesehen funktioniert diese Anlage seit ca. 1,5 Jahren völlig fehlerlos, was wiederum zeigt, dass die Interpretation von Betriebsergebnissen ohne Kenntnis der Ursachen zu groben Fehlern fühlen kann. Die aufgetretene Beschädigung kann als einmalig bewertet werden. Durch den ansonsten fehlerfreien Betrieb der Anlage können gute Erträge und damit Energiekosteneinsparungen mit hoher Sicherheit prognostiziert werden.

Durch die erst vor wenigen Monaten erfolgte Inbetriebnahme der Solaranlage im Studentenwohnheim Titaniaweg liegen noch keine aussagefähigen Messergebnisse vor. Auch hier zeigte sich, dass bis zur vollen Funktion der Solaranlage einige Optimierungen vor allem der Einstellparameter der Regelung erforderlich waren. Ansonsten funktioniert das System in den letzen Wochen zuverlässig.

6. Zusammenfassung

Eine Betrachtung der Betriebsergebnisse dieser großen Solaranlagen in Leipzig führt zu widersprüchlichen Aussagen. Es gibt sehr gut funktionierende Anlagen, welche den Betreibern erhebliche Betriebskosten einsparen. Aber auch Ausfälle und Fehlerursachen sollen nicht verschwiegen werden. Verallgemeinernd kann gesagt werden, dass die Probleme kaum mit den Kollektoren sondern meist mit dem konventionellen Anlagenteil zu tun haben. Einer pauschalierten Bewertung von "Die Solartechnik funktioniert prima und amortisiert sich schon nach wenigen Jahren" bis "Solaranlagen bringen überhaupt nichts" muss klar widersprochen werden.

Eine Ausstattung mit einer zur Ertragsauswertung notwendigen Mindestmesstechnik wird empfohlen. Eine fachlich fundierte Anlagenbetreuung, welche zum Beheben auftretender Fehler führt, ist unbedingt ratsam.

Die spezifischen Systemkosten großer Solaranlagen betragen nur 50 - 75 % im Vergleich zu Anlagen im Einfamilienhausbereich. Durch eine Auslegung als Vorwärmanlage werden hohe spezifische Solarerträge erzielt, welche ca. 25 - 50 % über dem im Einfamilienhaus üblichen liegen. Mit richtig dimensionierten Großanlagen lässt sich pro eingesetzte Mark Fördermittel somit die 2 - 3-fache CO2-Menge wie im Einfamilienhausbereich einsparen.

Hohe jährliche Solarerträge als Voraussetzung zur Refinanzierung der Solaranlagen sind bei guter Planung und fehlerfreier Installation möglich. Die Komponenten sind ausgereift und auch über eine Lebensdauer von >= 20 Jahre voll funktionsfähig.

Der inzwischen vorhandene Erfahrungsschatz sollte zukünftig zu zuverlässig funktionierenden Solaranlagen führen, welche dem Betreiber eine klar kalkulierbare Betriebskosteneinsparung garantieren. Eine frühzeitige Integration von Solartechnik in die Architekturplanung führt zu architektonisch ansprechenden Gebäuden mit niedrigen Betriebskosten und sich verringernden Systemkosten der Solartechnik. Durch Ausnutzung aller Fördermöglichkeiten wird selbst bei nur mäßig steigenden Energiepreisen eine Amortisation innerhalb der Lebensdauer erzielt.
/1/ Karl-Heinz Remmers "Große Solaranlagen"; Solarpraxis Berlin 1999
/2/ Peuser; Croy; Rehrmann; Wirth: "Solare Trinkwassererwärmung mit Großanlagen"; TÜV-Verlag 1999
/3/ Posanski; Göring "Leipziger Studenten zapfen die Sonne an"; Sonnenenergie & Wärmetechnik 5/1999
/4/ Peuser, Felix A. Dr. "Erfahrungen mit großen Solaranlagen"; Sonne Wind & Wärme 6/2000
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